Bernd Posselt, München • Ausgabe Nummer 39 - April 2014


Ukraine: Weckruf für Europa

Das letzte Plenum des Straßburger Europaparlamentes vor der Europawahl am 25. Mai stand ganz im Zeichen des russischen Überfalls auf die Krim und der damit verbundenen Destabilisierung der Ostukraine. In einem interfraktionellen Entschließungsantrag, zu dessen Autoren der Außenpolitische Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, Bernd Posselt, gehörte, wird Rußland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, dem Einsatz von als Separatisten getarnten russischen Spezialeinheiten in der gesamten Ost- und Südukraine sowie der Besetzung von Regionen und dem Schüren von Konflikten in Georgien und der Republik Moldau scharf kritisiert. Die Ukraine soll noch im Mai durch finanzielle Hilfen sowie den Abschluß des zweiten Teils des Assoziierungsabkommens - der politische wurde bereits in Kraft gesetzt - gestärkt, möglichst umfassend mit Energie versorgt und bei der Durchführung der Präsidentenwahl unterstützt werden. Visa- und Handelserleichterungen zugunsten der Ukrainer sind nach dem Willen des Parlamentes, der inzwischen bereits in Ratsbeschlüssen Niederschlag fand, durch die Mitgliedstaaten und die Kommission voranzutreiben.

Sowohl für die Ukraine als auch für Georgien und die Republik Moldau wird in der Straßburger Parlamentsentschließung die europäische Perspektive bekräftigt, der Entzug der Stimmrechte Rußlands im Europarat hingegen begrüßt. Die Assoziierungsabkommen und die Abkommen für eine vertiefte und umfassende Freihandelszone zwischen der EU einerseits und Ukraine, Georgien sowie Moldau andererseits sollen bis zum Sommer vollständig ratifiziert sein. Das Europaparlament kündigt an, daß die EU der Ukraine bei der Reform des zivilen Sicherheitssektors sowie beim Aufbau von Polizei und Justiz behilflich sein wird. Dies beinhaltet auch, daß hinter den Kulissen sowohl eine sicherheitspolitische als auch eine Beobachtermission der EU vorbereitet werden.

Unterstützung erfahren Regierung und Parlament der Ukraine beim Vorhaben einer vorgezogenen Parlamentswahl, eines landesweiten Referendums über den künftigen Status und die territoriale Struktur des Landes, bei der Entwaffnung aller illegalen Kräfte (der angeblichen Selbstverteidigungskräfte), bei der Verfassungsreform, beim Minderheitenschutz sowie bei der Öl- und Gasversorgung.

Unter intensiver Beobachtung des Europaparlamentes stehen insbesondere auf Initiative von Bernd Posselt, die Minderheiten auf der Krim, die des Schutzes vor russischen Übergriffen bedürfen. In dem Straßburger Text bekräftigt das Europaparlament "seine Sorge um das Schicksal der Tatarengemeinschaft und der ukrainischsprachigen Gemeinschaft auf der Krim" und betont "die Verantwortung der Russischen Föderation nach dem Vierten Genfer Abkommen alle Zivilisten in den besetzten Gebieten zu schützen."

In der sehr heftigen Debatte des Straßburger Aprilplenums warnte Posselt vor der Kreml-Propaganda, die von Extremisten sowohl auf der Linken wie auf der Rechten weiterverbreitet werde. Zu den vielen Unwahrheiten gehöre, daß die EU versucht habe, die Ukraine in ihre Reihen zu zwingen: "Das ist doch absolut nicht wahr! Die Ukraine ist doch von der Europäischen Union eher abgewehrt worden, man hat sie doch nicht hereingezwungen." Der inzwischen abgesetzte Präsident Janukowitsch habe auf einem Assoziierungsabkommen bestanden und erst in letzter Minute vor der Unterzeichnung auf Druck Putins einen Schwenk gemacht: "Dann ist das ukrainische Volk auf die Straße gegangen." Der russische Diktator handle überall, wo er russische und pro-russische Minderheiten zumindest teilweise instrumentalisieren könne, also im Raum vom Baltikum bis ans Schwarze Meer, nach einem wohlüberlegten Masterplan, der die Errichtung einer neuen Sowjetunion zum Ziel habe. Sowohl die EU-Kommission als auch die Mehrheit des Europaparlamentes, so Posselt, stimmten in der Auffassung überein, daß Putin der aggressivste Kreml-Herrscher seit Josef Stalin sei. Deshalb müßten die Europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten ihm geschlossen entgegentreten, was bisher recht gut gelungen sei, aber zur Not bis hin zu sehr scharfen wirtschaftlichen und politischen Sanktionen fortgesetzt werden könne. Dazu gehörten auch die Stärkung der Außen- und Energiepolitik der EU im Sinne eines "Weckrufes für Europa" sowie der Ausbau der Verteidigungskapazitäten der NATO vom Baltikum bis zum Balkan.


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